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Bericht: 1. Arbeitstreffen Service-Portal Integration

"Chancen und Herausforderungen in der Arbeit mit geflüchteten Kindern"

Vor welchen Herausforderungen stehen pädagogische Fach- und Lehrkräfte derzeit bei der Arbeit mit geflüchteten Kindern? Welche Unterstützung brauchen sie? Was wünschen sie sich? Das waren die Kernfragen des Arbeitstreffens des Service-Portals Integration in der Stiftung Kinder forschen. Dabei zeigte sich: Allein die Möglichkeit zu diesem persönlichen Austausch war eine große Hilfe.

Drei Erzieherinnen sitzen konzentriert am Tisch
© © Stiftung Kinder forschen
Cihan Revend aus der evangelischen Kita St. Johannis der Gemeinde Tiergarten erklärt den Alltag in ihrer Einrichtung. Nicht die Unterschiede bringen Kinder zusammen, sondern Gemeinsamkeiten.

Die 13 pädagogischen Fach- und Lehrkräfte kamen aus Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Sie arbeiten in Kitas oder Flüchtlingsunterkünften und stehen derzeit alle vor ähnlichen Herausforderungen, die sich um kulturelle Unterschiede, Sprachbarrieren, den Umgang mit Wut, Aggression und Traumata sowie bürokratische Hürden und strukturelle Schwierigkeiten drehen.

Videos vermitteln Einblicke in den Kita-Alltag

"Es war gut zu sehen, dass wir alle vor ähnlichen Herausforderungen stehen", sagte Martin Pilgrimm, stellvertretender Leiter der Kita Matt Lamb aus Berlin-Lichtenberg. Er war zusammen mit der Kita-Leiterin Annette Stolze ins Stiftung Kinder forschen gekommen. Ihre Kita ist eine der acht Modell-Kitas, die der Berliner Senat gemeinsam mit der Diakonie auswählte und nun unterstützt. "Wir haben jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Kindern mit Migrationshintergrund und auch mit Kindern, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind." So nutzen die Fachkräfte dort vor allem Audio-Aufzeichnungen und Video-Material zur Sprachförderung. Seit kurzem verwenden sie die Filme auch bei Elternabenden oder -gesprächen, um so den fremdsprachigen Eltern ein Bild vom Kita-Alltag ihres Kindes zu vermitteln. "Auf diese Weise überbrücken wir sowohl die sprachlichen als auch die kulturellen Barrieren, die es mitunter gibt. Denn viele Eltern mit Fluchthintergrund kennen das Prinzip Kindergarten gar nicht."

Wie gehe ich mit rassistischem Gedankengut von Eltern in der Kita um?

Der Erzieher Serkan Wels erzählt von seinen Erfahrungen
Serkan Wels steht klar für ein offenes Aufeinanderzugehen zwischen den verschiedenen Familien in der Kita.

Serkan Wels von der humanistischen Kita "Rappelkiste" aus Berlin-Köpenick berichtete von vereinzelten Problemen mit deutschen Eltern: "Gleich neben unserer Kita wurde eine Notunterkunft eingerichtet. Wir haben die NPD-Kundgebungen vor den Häusern mitbekommen und die Reaktion einiger Eltern. Als dann klar war, dass wir auch geflüchtete Kinder aufnehmen werden, haben wir uns klar positioniert: 'Wir machen das! Wir und auch unser Träger stehen dahinter.' Wir haben gleich klar gemacht, dass wir keine diskriminierenden Sprüche in der Kita haben möchten." Es sei wichtig gewesen, dass das gesamte Personal und die Leitung das auch klar kommunizierten: "Wir haben ganz deutlich gesagt: 'Entweder lernt ihr, damit umzugehen, oder ihr sucht euch eine andere Kita.' Vier, vielleicht fünf Familien haben den Betreuungsvertrag mit uns gekündigt. Alle anderen haben sich nach und nach angenähert, ja, auch angefreundet."

Religion und Kultur: Gemeinsamkeiten entdecken, Unterschiede würdigen

Die Erzieherin Christine Thomaschewski sitzt am Tisch und hört zu
Christine Thomaschewski baut bei ihrer Arbeit auf die Gemeinsamkeiten der vielen Religionen und Kulturen.

Auch Christine Thomaschewski-Borrmann, Leiterin der evangelischen Kita St. Johannis der Gemeinde Tiergarten, einer weiteren Modell-Kita aus Berlin, berichtete von unterschiedlichen Erwartungen, vor allem die religiöse Ausrichtung ihrer Kita betreffend: "Man hat mich oft gefragt, warum so viele Muslime in unsere Kita kämen, schließlich seien wir ja eine evangelische Einrichtung. Manche Muslime hingegen haben Sorge, dass wir ihnen den christlichen Glauben überstülpen möchten." "Ich zeige allen dann immer gerne auf, dass sich unsere Religionen gar nicht so sehr unterscheiden", fügte ihre Kollegin Cihan Revend hinzu: "Ich sage dann: 'Eine Fastenzeit? Die gibt es sowohl bei Muslimen als auch bei Christen.' Und viele kirchliche Feste, zum Beispiel Ostern, Erntedank oder St. Martin, feiern wir alle zusammen. Ich finde, das ist eine schöne Entwicklung."

Vielfalt leben und wertschätzen

Die Kunsttherapeutin Sandra Kirsch knüpft Kontakte
Kunsttherapeutin Sandra Kirsch zog ein positives Fazit. Der Austausch zwischen den Pädagogen sei wichtig für die Arbeit mit geflüchteten Kindern.

Diesem Fazit stimmten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitstreffens Service-Portal Integration zu. Sandra Kirsch, Erzieherin und Kunsttherapeutin aus Berlin, betonte noch einmal, wieviel ihr – allen Herausforderungen und Problemen zum Trotz – an der Arbeit mit den geflüchteten Mädchen und Jungen liegt: "Es hat sehr gut getan, über meine Arbeit zu sprechen und mich auszutauschen. Denn diese Arbeit gibt mir sehr viel. Ich werde auf jeden Fall auf die hier gewonnenen Kontakte zurückgreifen."

Die Moderatorin und Organisatorin des Arbeitstreffens, Gülten Kara-Schetat, fasste für alle zusammen: "Wir sehen, es gibt nicht nur einen richtigen Weg, auch wenn alle vor denselben Herausforderungen stehen. Aber es ist wichtig, sich zu vernetzen und im Zweifel austauschen zu können." Die positiven Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitstreffens bestärkten sie darin, in einem halben Jahr bei einem zweiten Arbeitstreffen die weiteren Entwicklungen in den Kitas und Notunterkünften zu beleuchten.

Gülten Kara-Schetat leitet das Arbeitstreffen des Service-Portals Integration
Gülten Kara-Schetat vom Stiftung Kinder forschen moderierte die konstruktiven Diskussionen und führte durch das 1. Arbeitstreffen.