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Tipps

Mit einfachen Spielen Mathe lernen

Können Kinder, die wenig oder kein Deutsch sprechen, spielerisch an Mathematik herangeführt werden? Der Erziehungswissenschaftler Gerhard Friedrich hat es ausprobiert. Er rät dazu, einfach mit dem Spielen anzufangen.

Zwei Kinder sitzen an einem Tisch und schauen auf einen Wüfel, der fünf Augen zeigt
© Gerhard Friedrich
Würfel sind ein einfaches Werkzeug, um Zahlen zu lernen

Getrieben hat Gerhard Friedrich eine Mischung aus privatem und fachlichem Interesse. Nachdem er gesehen hatte, dass die Kinder einer bekannten geflüchteten Familie Schwierigkeiten mit Mathe in der Grundschule hatten, kontaktierte er ein Übergangswohnheim in seiner Heimatstadt Lahr und gründete dort eine Mathespielgruppe mit vier Kindern zwischen vier und sechs Jahren. Ihn interessierte: "Können Kinder, die in diesem Alter nach Deutschland gekommen sind, ohne gute Sprachkenntnisse so fit in Mathe werden, dass sie die Ausgangsvoraussetzungen für die erste Klasse gut erfüllen?"

Zwei Fliegen mit einer Klappe: Sprache und Mathematik

Auf einer Flucht habe man ganz andere Sorgen, als Mathe zu lernen, sagt Friedrich. Ein Teil der Kinder hätte beispielsweise nicht gewusst, was ein Würfel ist. Bei allen Kindern waren aber nach zwölf Wochen Fortschritte festzustellen. "Wir können zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wenn Sie Mathe fördern, dann fördern Sie auch Sprache."

Gerhard Friedrichs Bilanz: "Am Anfang haben wir mit Händen und Füßen kommuniziert oder mit den Fingern angedeutet: das sind jetzt genau drei an der Zahl oder wir machen das jetzt dreimal. Natürlich habe ich dazu stets laut gezählt und so lernen die Kinder schon mal die Zahlnamen. Ich glaube in der Einfachheit liegt auch ein gewisser Charme."

Wo anfangen?

"Hauptsache, wir machen überhaupt etwas", sagt Gerhard Friedrich. "Ich habe fast bei Null angefangen." Er entschied sich für einen großen Dreierwürfel, also ein sechsseitiger Würfel, auf dem die Zahlen eins bis drei jeweils zweimal abgedruckt sind. Das Spiel Alles oder Nichts lässt sich mit einem Dreierwürfel gut spielen. Die Kinder werden in zwei Gruppen geteilt und jede erhält die gleiche Menge an Gegenständen (zum Beispiel Streichhölzer). Dann wird abwechselnd gewürfelt und jede Gruppe muss der anderen so viele Gegenstände abgeben, wie der Würfel zeigt – bis irgendwann eine Gruppe alle Streichhölzer gewonnen hat.

Mathespiele zum selbst Ausprobieren

Ein Bewegungsspiel mit 6er-Würfeln

Es wird mit zwei Würfeln gewürfelt. Einer der beiden Würfel wird so präpariert, dass auf jeder der sechs Seiten eine auszuführende Bewegung dargestellt ist. Möglich wären zum Beispiel:
- Schritte rückwärtsgehen
- Hampelmann machen
- sich linksherum drehen
- sich rechtsherum drehen
- hüpfen
- in die Hände klatschen
Nun werden beide Würfel gewürfelt und die gewürfelte Bewegung des einen Würfels entsprechend der Augenzahl des anderen Würfels ausgeführt.

Alles oder nichts bis zehn

Das Spiel ist geeignet für zwei Spieler oder für zwei Gruppen. Man braucht einen Sechsaugenwürfel und zwanzig gleiche Gegenstände, zum Beispiel Kastanien, Knöpfe oder Muggelsteine. Zu Beginn werden die Anzahlen der Gegenstände halbiert, jeder Spieler bzw. jede Gruppe erhält die Hälfte. Nachdem festgelegt worden ist, wer beginnt, wird gewürfelt. Entsprechend der Augenzahl, die gewürfelt wird, werden dem Gegner die Anzahl an Kastanien usw. weggenommen. Auf diese Weise geht das Spiel hin und her, bis ein Kind oder eine Gruppe keine Gegenstände mehr hat. Falls das Spiel in den "Minusbereich" abrutscht, ist das Duell beendet.

Wendeplättchen

Mit Wendeplättchen lässt sich das Thema Zahlzerlegung mit den Kindern geschickt entdeckend und forschend erschließen. Sie lassen sich leicht selbst herstellen und die Kinder helfen gerne dabei. Zum Beispiel können 1-Cent-Stücke auf einer Seite mit rotem und auf der anderen mit grünem, kreisrund ausgeschnittenem Tonpapier beklebt werden. Grundsätzlich eignen sich aber alle Plättchen, die
auf jeder Seite farblich verschieden sind, egal, ob gekauft oder selbst gebastelt. Wirft man ein einzelnes Plättchen hoch, so bleibt es entweder in rot oder blau liegen. Es bleibt ein unteilbares Plättchen. Bei zweien sieht das anders aus und wird interessanter, entweder rot und rot bzw. blau und blau oder rot und blau. Das bedeutet 2 und 0 oder 1 und 1. Was kann alles passieren, wenn sieben Plättchen auf
den Tisch fallen? Zwei rote und fünf blaue oder vielleicht eins und sechs, ganz egal, es bleiben immer insgesamt sieben. Diese Art der Zahlzerlegung ist den Kindern direkt offensichtlich und plausibel.

Mäuse und Mauselöcher

Für dieses Spiel, bei dem es um schnelles Anzahlerkennen geht, benötigt man einen oder zwei, eventuell sogar drei Würfel, je nach Alter der Kinder. Für eine Gruppe von Kindern eignen sich große Schaumstoffwürfel. Bei den Würfelbildern Eins, Drei und Fünf wird der Punkt in der Mitte zum Mauseloch. Die Punkte, die um das Mauseloch liegen, bzw. die Punktebilder der Zwei, Vier und Sechs werden zu Mäusen.

- Würfelt ein Kind zum Beispiel eine Eins, so sagt es: "Ein Mauseloch und keine Maus."
- Würfelt es eine Zwei, so lautet die Antwort: "Zwei Mäuse und kein Mauseloch."
- Interessant wird es bei der Drei: "Zwei Mäuse und ein Mauseloch".

Wird das Spiel, nachdem der Antwortmechanismus gut geläufig ist, auf mehrere Würfel ausgedehnt, so wird es schwieriger und spannender. Wird mit zwei Würfeln gewürfelt, zum Beispiel eine Drei und eine Eins, so lautet die korrekte Antwort: "Zwei Mäuse und zwei Mauselöcher".

Lasst uns hörend zählen

Die Kinder werden aufgefordert, es sich sitzend oder liegend bequem zu machen und danach ihre Augen zu schließen. Es herrscht absolute Ruhe. Damit die Ruhe nicht gestört wird, ist es ratsam, dass die Kinder mit ihren Fingern gestisch antworten. Dann werden kurze, klar zu differenzierende akustische Hörimpulse gegeben. Vieles ist hier denkbar:

- Ein Kind lässt Cent-Stücke oder andere Geldmünzen langsam und im Rhythmus gleichmäßig in ein Glas fallen und beendet den Vorgang mit "Stopp". Wie viele Münzen sind im Glas?
- Die Erzieherin oder der Erzieher zählt rhythmisiert, zum Beispiel klick – klick – kurze Pause – klick – klick – klick. Wie viele Klicks sind es?
- Können die Kinder auch zwei Arten von Geräuschen getrennt wahrnehmen und mitzählen? Zum Beispiel die Trommelschläge eines Tamburins und das Auftreffen der Cent-Stücke: bum – bum – klick – klick – bum? Wie viele Cent-Stücke waren es? Und vielleicht konnten die Kinder sogar beides zählen?
- Es werden 1-, 2- oder 3-Cent-Stücke in ein leeres Glas gefüllt und vorsichtig geschüttelt. Können die Kinder hören, wie viele Gegenstände in dem Gefäß sind? Relativ eindeutig zu benennen sind die drei
Kategorien eins, zwei und mehrere Gegenstände. Über drei Gegenstände hinaus ist es nicht mehr akustisch zu unterscheiden.
- Die Erzieherin oder der Erzieher spricht die Zahlwortreihe mit Fehlern und zählt zum Beispiel: eins, zwei, drei, vier, sechs, sieben, acht, neun und zehn. Welche Zahl fehlt? Das ist ebenso rückwärtszählend
möglich.

Komm mit, lass uns Mathe spielen

Cover des Buchs "Komm mit, lass uns Mathe spielen". Eine Kinderhand stapelt Würfel aufeinander.
© Herder

Die Mathespiele sind Gerhard Friedrichs Buch Komm mit, lass uns Mathe spielen entnommen, das 2017 erschienen ist. Das Buch soll dazu anregen mit den Kindern gemeinsam Mathematik anzufassen, auszuprobieren und zu erleben. Gerhard Friedrich ist Diplom-Pädagoge und unterrichtete als Lehrer die Fächer Mathematik, Technik, Pädagogik und Psychologie. Er ist Privatdozent an der Universität Bielefeld. Komm mit, lass uns Mathe spielen ist gedruckt und als E-Book bei Herder erhältlich.

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