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Praxisbeispiel

Ohne Sprache Grenzen setzen

Wie können Kinder "Nein" sagen, wenn sie die Sprache nicht sprechen? Kitaleiterin Gabriele Bentlage hat ein klares Signal etabliert. Wie sie so Konflikte reduziert und warum sich in der Kita Arche Noah an Fasching kein Kind verkleiden muss, erzählt sie im Interview.

Ein Kind hält die Hand nach vorne und signalisiert so: Stopp.
© istockphoto.com/jansucko
Stopp: Ein klares Signal

Die Kita

  • Evangelische Kindertagestätte Arche Noah
  • Ansprechpartnerin: Gabriele Bentlage
  • Ort: Stadtbergen (Bayern)
  • Kinder: 50 Plätze; 2 Kinder mit Fluchthintergrund; 50 Prozent Migrationsanteil

Wann ist ein Kind gut integriert?

Gabriele Bentlage: "Das Kind ist gut angekommen, wenn es sich von uns trösten lässt. Dann weiß ich, es hat uns als Bezugspersonen gut angenommen. Wenn es sich gut verabschieden kann von der Person, die es bringt. Aber man darf sich darauf nicht ausruhen: Es gibt immer wieder Phasen, in denen sich ein Kind entwickelt und zusätzliche Unterstützung braucht."

Was ist aktuell die größte Herausforderung?

G. B.: "Wie gehen wir wertschätzend miteinander um? Das ist die Frage, die uns am meisten beschäftigt. Wir arbeiten in der Praxis nach dem situationsorientierten Ansatz, das heißt die Kinder sind für uns gleichberechtigte Partner und werden in die Entscheidungsprozesse aktiv miteinbezogen. Das Kind gibt die Initiative. Dazu gehört auch, 'Nein' sagen zu können – auch, wenn das Kind die Sprache noch nicht spricht. Die größte Herausforderung für uns ist also, die Kinder bei der Umsetzung zu unterstützten."

Wie kann das funktionieren?

G. B.: "Wenn ein Kind, das nicht sprechen kann, etwas nicht machen möchte, kann es weinen, hauen oder beißen. Wenn ich das nicht möchte, muss ich dem Kind ein anderes Instrument an die Hand geben, um sich mitzuteilen. Hier im Haus lernen die Kinder von Anfang an das sogenannte 'Stopp-Signal'. Das Stopp-Signal wird mit einem ausgestreckten Arm signalisiert. Die Kindern lernen: Das ist mein Bereich und es ist in Ordnung, wenn ich mich abgrenze. Das hat den Vorteil, dass wir ganz wenige Konflikte haben. Denn selbst wenn ein Kind nicht sprechen kann, kann es diese Bewegung machen. Und die Kinder machen das auch."

In ihrer Kita werden nur wenige Feste gefeiert. Wie finden das die Eltern?

G. B.: "Die Frage ist doch: Was brauchen und möchten die Kinder eigentlich wirklich? Ein wichtiger Baustein unserer Arbeit ist, dass das pädagogische Personal eine beobachtende und abwartende Haltung einnimmt. So haben wir die Möglichkeit, bewusst die Impulse der Kinder wahrzunehmen und unser pädagogisches Handeln darauf abzustimmen. Ich wünsche mir, dass wir intensiv auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen. Ein Beispiel: Eine Mutter fragte mich, ob wir nicht ein Faschingsfest feiern könnten, bei dem alle Kinder verkleidet sind. Aber das entspricht nicht dem Bedürfnis aller Kinder.

Ich möchte nicht, dass alle Kinder verkleidet kommen müssen.

Ich hatte schon einmal ein Kind in der Krippe, das drei Wochen ein Dinosaurierkostüm getragen hat, damit habe ich kein Problem. Aber ich möchte nicht, dass alle Kinder verkleidet kommen müssen. Ich erkläre den Eltern aber, warum es das bei uns nicht gibt und sie verstehen das auch. Zum Ausgleich drehen wir viele Filme bei unserer alltäglichen Arbeit, und die Eltern können diese anschauen und sehen, wie toll die Kinder sich entwickeln, auch ohne Faschingsfest. Damit holen wir die Eltern mit ins Boot. Trotzdem: Der Gedanke, dass eine gute Kita alle Feste feiert, der ist noch sehr verbreitet. Wir müssen diesen Druck aushalten können und nicht auf die Kinder übertragen."